Mittwoch, 29. März 2023

Ein Dutzend Fragen an Katrin ULBRICH - Das Interview

Ein Dutzend Fragen an Katrin Ulbrich - Das Interview


Katrin Ulbrich [KU] (geb. 1973) - unter Pseudonymen als Verfasserin von Taschenbüchern, Ebooks und Romanheften aus unterschiedlichen Genres der unterhaltenden Literatur bekannt - hat sich dankenswerterweise bereit erklärt, ein paar Fragen von Dr. Karl Jürgen Roth [kjr] zu beantworten. Das Exklusiv-Interview für PoMeWe wurde am 27. März 2023 geführt.

KJR: Ich habe einige Ihrer Bücher und Romanhefte mit Interesse und Gewinn gelesen. Dabei entstand für mich die eine oder andere Frage. Der Schwerpunkt Ihrer schriftstellerischen Arbeit liegt im Bereich der unterhaltenden Belletristik und auch des Western. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen und warum schreiben Sie u. a. Wildwestromane? Erzählen Sie doch bitte etwas über Ihren schriftstellerischen Werdegang?
KU: Man kann vermutlich nicht schreiben, ohne gern und viel zu lesen. So war es jedenfalls bei mir. Als Schülerin habe ich mein ganzes Taschengeld in Bücher investiert. Meine Oma hat bei Besuchen „drüben“ Heftromane über die Grenze zu uns in die DDR geschmuggelt. Die haben wir gelesen, bis sie fast auseinandergefallen sind. Oft waren es Westernhefte. Dazu sammelte mein Vater die Romane von Karl May und Liselotte Welskopf-Henrich und versorgte mich mit Vorbildern. Damals wurde meine Liebe zum Western gelegt.
Neben dem Lesen habe ich mir immer auch eigene Geschichten ausgedacht. Längere Texte und Romane wurden später an der Uni daraus. Irgendwann fasste ich mir ein Herz und schickte einen Gruselroman an den Bastei Verlag. Die Reihe, in die er gepasst hätte, wurde damals leider gerade eingestellt, aber meine Art zu schreiben gefiel und ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könne, einen „Bergdoktor“-Roman zu verfassen. Ich konnte, wurde angenommen und bin seitdem dabei.
KJR: Neben Western haben Sie Texte geschrieben, die anderen Genres zuzuordnen ist. Welche Schwerpunkte setzen Sie hier und wie sehen Ihre weiteren Pläne für abenteuerliche Geschichten oder unterhaltende Belletristik aus? Sind hier Überraschungen zu erwarten?
KU: Mein Herz hängt an den Heftromanen. Der Wechsel zwischen den Genres hält meine Fantasie auf Trab und bringt mich manchmal auch gehörig ins Schwitzen, aber ich würde es gar nicht anders haben wollen. Mein Schwerpunkt? Ich möchte unterhalten. Wenn mir das gelingt, habe ich mein Ziel erreicht. Pläne und Ideen warten viele in meinem Notizbuch. Welche davon das Licht der Welt erblicken, wird auch für mich eine Überraschung. Das wird die Zeit zeigen. Gern möchte ich einen Bergmann aus meiner Heimat, dem Erzgebirge, einmal ein Abenteuer im Wilden Westen erleben lassen. Auch eine Idee für den nächsten Weihnachtsroman mit „Lassiter“ wartet schon auf ihren Einsatz.
KJR: Western, speziell für die Romanheftreihe LASSITER, bilden einen gewissen Teil Ihrer Arbeit. Deren Handlungen sind einem bestimmten Serienkosmos zuzuordnen, arbeiten Sie dabei gezielt nach Exposés? Wo sehen Sie die Vorteile einer solchen Arbeitsweise und was hat Sie dazu getrieben, Ihre Western zu schreiben?
KU: Ein Redakteur hat einmal gesagt: „Exposees sind ein Geschenk.“ Da ist was dran, weil sie einen Fahrplan bieten und verhindern, dass man sich beim Schreiben selbst in eine Sackgasse manövriert. Vor jedem Roman verfasse ich ein zwei- bis dreiseitiges Exposee, in dem der gesamte Ablauf abgesteckt ist. Dazu gibt es für die Serien, an denen ich mitschreibe, Rahmenexposees, in denen der Handlungsort und die wichtigsten Personen festgelegt sind. Beim Bergdoktor zum Beispiel, dass er Anfang 50 ist und auch (erst mal) nicht älter wird. Der Glückliche. Solche Handreichungen sind sehr nützlich für die Orientierung.
Mein Weg zu „Lassiter“ war ein bisschen verschlungen. Ich hatte dem Verlag eine Idee für einen „Frauen-Western“ mit Serienpotential vorgeschlagen. Leider gab es dafür gerade keine freien Kapazitäten, aber die Romanidee kam gut an und da bei „Lassiter“ gerade Autoren gesucht wurden, durfte ich den Roman für diese Reihe schreiben. So entstand „Kein Job für eine Lady“.
Dem Western wird oft nachgesagt, er wäre ein sterbendes Genre, aber ich denke, Geschichten aus dem früheren, abenteuerlichen Amerika werden immer ihre Leser finden, weil sie etwas berühren, das auch jetzt noch aktuell ist. Sei es nun die Sehnsucht nach Freiheit, nach Abenteuern oder einfach die Genugtuung, dass der Schurke am Ende eins auf den Stetson bekommt.
KJR: Könnte man Ihre Western generell dem Adult Western zuordnen, wie er z. B. in verschiedenen englischsprachigen Taschenbuchserien gepflegt wurde. Solche Texte haben mit ihrer expliziten Betonung von Sex und Gewalt inzwischen auch schon eine längere Tradition und sie sind/waren durch Übersetzungen oder deutschsprachige Originalveröffentlichungen hierzulande auf dem Markt vertreten. Wie sind Sie dazu gekommen, selbst Wildwestromane zu schreiben, was fasziniert Sie an diesem Subgenre der spannungsreichen Unterhaltungsliteratur und wo liegen Ihre Vorbilder im Bereich des Western?
KU: Lassiter zählt mit seinen expliziten Szenen sicherlich zum Adult Western. Das gehört auch zu dem Spaß an den Geschichten. Lassiter ist stets mit vollem Einsatz bei der Sache - sei es bei der Jagd auf Banditen oder in der Liebe. Er ist ein Held, dem man gerne folgt, deshalb schreibe ich auch so gern über ihn. Ich lote aus, inwieweit man das klassische Abenteuer mit modernen Themen wie dem Naturschutz verbinden kann. Wildwestromane bieten ein weites Feld für Abenteuer in einer Natur, wie sie wilder und ursprünglicher kaum sein könnte. Dieses Flair hat G. F. Unger sehr gut eingefangen. Ich schätze auch sehr die Romane meiner Kollegen bei „Lassiter“. Schauen Sie sich nur einmal die Bösewichte von Tom Hogan an, die sind so vielschichtig und gekonnt beschrieben, dass sie nach dem Lesen unvergesslich bleiben.
KJR: Der traditionelle Western wird von Literaturwissenschaftlern auch als eine spezielle Manifestation des amerikanischen Gründungsmythos gesehen (z.B. Peter Bischoff), Ähnliches klingt auch schon bei Frederick Jackson Turner in seiner – inzwischen teils als überholt geltenden Konzeption der Frontier-Hypothese an. Wie stehen Sie zu solchen Äußerungen?
KU: Darum mache ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken. Ich erzähle, wovon ich hoffe, dass es beim Lesen unterhält, Vergnügen bereitet und vielleicht das eine oder andere historische Detail enthüllt.
KJR: Neben traditionellen Western finden wir auf dem Markt Western, die vor dem Hintergrund der heutigen Gegenwart angesiedelt sind, Western mit Horrorelementen, Adult Western oder Southern (Western, die südlich des Rio Grande spielen), Northern (Handlungsorte: Kanada und Alaska) und selbst in Australien spielende Western. Was halten Sie von solchen Randerscheinungen des Genres und schreiben Sie selbst so etwas?
KU: Western sind und waren zum Glück immer ein weites Feld voller Möglichkeiten. Ich lese gern Genre-Mix-Western und mag auch entsprechende Filme. Wenn ein Cowboy mit Aliens konfrontiert wird … Warum nicht? Ich könnte mir auch durchaus vorstellen, bei einer modernen Cowboy-Romance-Serie mitzuschreiben.
KJR: Immer wieder wird z.B. im Internet oder an anderer Stelle eine Krise des Western bzw. ein fehlendes Publikumsinteresse beklagt. Wie schätzen Sie die derzeitige Marktlage ein, und welche Ratschläge würden Sie einer/einem jungen Kollegin/Kollegen geben, der sich dem Schreiben von Western widmen möchte?
KU: In die Verkaufszahlen habe ich leider keinen Einblick. Als Leserin würde ich mir aber viel mehr neue Westernromane auf dem Markt wünschen. Wenn man sich in den Buchhandlungen umschaut, muss man neue Western ziemlich suchen. Erfolgreiche Reihen mit Cowboy-Romances oder Serien wie „Yellowstone“ beweisen, dass Western nach wie vor das Herz des Publikums erobern. Mein Rat wäre: Schreiben, wofür man brennt. Alles andere artet in Arbeit aus …
KJR: Ihre Western erscheinen zumeist als Paperbacks und Ebooks und Romanhefte. Für Sammler sind Ebooks einfach nur katastrophal, man erwirbt bloß ein Nutzungsrecht und darf diese Dateien nicht besitzen und erst recht nicht weiterverkaufen. Dieser unhaltbare Zustand sollte m. E. schnellstens beendet werden. Liebevoll gemachte Paperbacks oder Hardcover sind hier etwas ganz anderes. Das bringt mich zum Thema der Veröffentlichungsformen. Wo sehen Sie hier die besten Chancen? Welche Veröffentlichungsformen bevorzugen Sie?
KU: Als Leserin mag ich beides. Müsste ich mich zwischen Reader und Printausgabe entscheiden, würde aber die Papierform gewinnen, weil das Gefühl beim Lesen einfach ein ganz anderes ist. Für die Veröffentlichung ist das E-Book inzwischen jedoch nicht mehr wegzudenken. Für viele macht es einen großen Teil der Einkünfte aus. Oder der Verluste, wenn E-Books auf Piratenseiten angeboten werden. Hier sollte unbedingt mehr getan werden, um solche Räubereien zu unterbinden.
KJR: Stichwort Übersetzungen. Streben Sie Übersetzungen in andere Sprachen an? Sehen Sie gute Chance für solche Übertragungen? Hierbei würde mich vor allem der Aspekt‚ deutschsprachige Originale in englischsprachiger Fassung interessieren.
KU: Übersetzungen sind immer eine schöne Sache. Früher gab es von „Kinderschwester Angela“ Übersetzungen ins Tschechische. Die Belege hüte ich daheim. Ob deutschsprachige Originale auf dem englischsprachigen Markt erfolgreich wären, würde sicherlich stark vom Marketing abhängen. Aber warum nicht?
KJR: Hat Katrin Ulbrich Pseudonyme genutzt? Wenn ja, können Sie uns einige nennen und warum und wann haben Sie überhaupt Decknamen benutzt?
KU: O ja, Pseudonyme gibt es bei mir einige. Sowohl männliche als auch weibliche. Meist, weil der Verlag es so vorsieht. Das hängt mit Überlegungen zum „Gesamtpaket Romanheft“ zusammen, das in sich stimmig sein muss. Der „Bergdoktor“ erscheint unter Andreas Kufsteiner, einem Serien-Pseudonym. Ich war unter anderem schon Jack Slade, Caroline Thaneck und Verena Kufsteiner (beim „Bergdoktor“-Spin-Off: „Das Berghotel“). Mein echter Name würde sich nicht sehr klangvoll auf einem Titelbild ausmachen. Aus diesem Grund habe ich mich auch für Katja Martens entschieden, als ich vor einigen Jahren eine eigene Tierarzt-Serie gestartet habe.
KJR: Wie lebt eine Autorin unterhaltender Belletristik? Ein wenig Homestory interessiert immer.
KU: Home Office ist seit 21 Jahren mein Alltag. Ich stehe früh auf und fange spätestens 6 Uhr mit dem Schreiben an, wenn der Kopf noch frisch und ausgeruht ist. Bis Mittag wird geschrieben. Nachmittags wechselt es: noch ein paar Stunden schreiben, ein Exposee für einen neuen Roman verfassen oder die Recherche für einen neuen Roman. Je nachdem, was gerade ansteht. Oft sind dann auch neue Bücher auszupacken, die der Postbote gebracht hat. Unsere Katze findet es super, dass ich von zu Hause aus arbeite, und hält gern ein Schläfchen neben mir, während ich schreibe. Ansonsten stapft eine kleine Landschildkröte bei uns herum und knabbert alles an, was nicht bei drei in den Schrank geräumt ist.
KJR: Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft – privat und als Autorin?
KU: Privat wünsche ich mir Gesundheit für meine Familie (einschließlich unserer Tiere). Als Autorin hoffe ich, weiter erzählen zu können, und kann es kaum erwarten, meine Helden in ihre nächsten Abenteuer zu stürzen.
Ich danke für die bereitwillige Beantwortung meiner teils indiskreten Fragen!

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